Reisen - Wo wir sind und was wir tun

Nach turbulenten und intensiven letzten Reisewochen genießen wir aktuell die Ruhe in einem Haus von Freunden in Belgien. Hier haben wir einen großen Garten und einen nahgelegenen Park, Supermärkte und Cafés und vor allem VIEL Platz.

Doch wie sind wir hierhin gekommen?

Wir hatten nie geplant in Belgien wochenlang bei Freunden im Haus zu wohnen. Und doch sind wir seit dem 31. Mai hier und werden erst Ende Juni wieder aufbrechen.

Unser Leben auf dem Wasser, auf der Lady Blue, ist seit dem 12. Mai auf Pause. An diesem Tag stiegen wir in Antigua in den Flieger und ab gings nach New York. Geplant war, dass die Lady Blue von einem lokalen Skipper eine Woche später, so um den 20. Mai rum, auf einen Frachter geladen wird und dann huckepack über den Atlantik nach England, Southampton, gebracht wird. Diese großen Decksfrachter sind mit 17 Knoten auf dem Atlantik unterwegs, so dass sie für die Strecke nur 11 Tage benötigen. Und so sind wir davon ausgegangen am 30. Mai in Southampton wieder auf unsere Lady zu ziehen und wieder in See zu stechen. Die letzten Wochen Abschiedssegeln im sommerlichen Europa genießen. Uns wieder, Meile für Meile, unserem Alltagsleben in Solingen zu nähern. Ein langes „Tschüss sagen“ sozusagen. Ich finde: ein guter Plan. Insbesondere, da wir herausgefunden hatten, dass die Flüge nach England mit Zwischenstopp in New York günstiger waren, als die Direktflüge. Es war billiger für uns nach New York zu reisen, als nicht nach New York zu reisen. Ich liebe diese Art von kreativen Rechnungen.

Es gibt Reedereien. Denen gehören viele Schiffe. Und der weltweite Schiffsfrachtverkehr ist aus vielen Gründen gestört: Suezkanal, Ukraine Krieg, andere Kriege, Nachwirkungen von Corona. Und für unsere Reederei war es „geschickter“, das Schiff erst mit 5-wöchiger Verspätung nach Antigua zu schicken. Dies erfuhren wir leider sehr spät und auch mittels der berüchtigten Salamitaktik: Der Frachter kommt ein paar Tage später, ohh jetzt doch eine Woche später, es sind nochmal ein paar Tage später geworden, und nochmal, und nochmal… Jetzt steht der vorläufige „verlässliche“ Termin: Laden am 17. Juni in Antigua, Abladen am 30. Juni in Southampton. Wir sind gespannt.

Durch die Salamitaktik wurden wir dem vollendeten Scheitern unseres Planes erst langsam gewahr. Nach der x-ten weiteren Verspätung war uns klar: das wird nix mit „im Mai wieder aufs Boot ziehen“. Wat nun? Eine fünfköpfige Familie im Reisemodus ohne Schiff, ohne Plan und quasi ohne Gepäck. Für eine gute Woche, warmes und trockenes Wetter vorausgesetzt, hatten wir gepackt. Ich kann euch sagen: es gibt schönere Momente. Unzählige Ideen, Gedanken und Vorschläge schwirrten uns durch den Kopf: Julias eher realistisch, meine eher kreativ. Roadtrip durch die USA, Roadtrip durch Kanada, Kuba zu Fuß & mit Bus erkunden, Mitsegelgelegenheiten suchen, oder doch nach Süddeutschland zu unseren Eltern, in England ein Wohnmobil mieten und das Land erkunden, Cottage in Cornwall mieten und die beschriebene Idylle von Rosamunde Pilcher in Echt erleben? Und obwohl ich ein großer Fan von „Optionen haben“ bin, waren sie in dieser Situation zu mächtig. Wir waren temporär heimatlos. Und das war auch das Gefühl: etwas Ohnmacht, mit einer Prise Resignation garniert mit vielen Fragezeichen.

Rausgekommen aus dieser Situation sind wir, mal wieder, durch „um Hilfe fragen“. Wir fragten die segelnden Familien, die in einer großen WhatsApp Gruppe vernetzt sind, um Rat. Mitte 2021 entstand diese WhatsApp Gruppe, ursprünglich für die Familiencrews gedacht, die mit der ARC den Atlantik überquerten, doch danach wurde jede segelnde Familie hinzugefügt, die in der Karibik unterwegs war. Wir hatten Glück. Könnte man so formulieren. Oder anders formuliert: Wir bekamen eine Antwort. SV Sylvia, eine belgische vierköpfige Familie auf ihrer Reise rund um den Globus, antwortete, dass wir in ihr Haus nahe Antwerpen ziehen können. Die Mieter seien vor einer Woche vorzeitig ausgezogen und es stehe aktuell leer.

Und so sind wir nun hier: In Belgien, in einem Vorort von Antwerpen. Für drei Wochen. Wir genießen die Zeit hier. Die Bordschule beginnt wieder morgens nach dem Frühstück an sechs Tagen in der Woche. Julia und ich haben die Ruhe wieder hier im Blog zu schreiben. Wir gehen viel Fahrradfahren und genießen die Natur.

Und warten und hoffen, dass wir Ende Juni endlich wieder auf unsere Lady Blue zurückkönnen, um noch ein paar Tage Abschiedssegeln zu genießen, bevor es für uns fünf nach Solingen geht und die Lady Blue mit neuen Eignern neue Abenteuer erleben wird.

PS: Und nicht zu vergessen: schnelles stabiles Internet. Jetzt gehen sogar wieder Fotos :-)
Und nachwievor findet ihr alle unsere veröffentlichen Fotos auf unserem Instagram Account:
@sailingladyblue

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