Freiheit und Sicherheit

Über diese beiden Werte reden Julia und ich oft in letzter Zeit. Zum einen, da wir (mal wieder) fremdbestimmt festhängen und zum anderen, da sich unser Jahr langsam dem Ende zu neigt und wir gar nicht wissen, wie und wo das Ende ist.

Erst vorgestern saßen wir bis Mitternacht im Cockpit, drei schlafende Kinder im Bauch des Schiffes, mit Blick auf die Kulisse des kleinen Fischerdörfchens Case-Pilote in Martinique. Wir beide stellten gemeinsam fest, dass wir einen Punkt in unserer Reise erreicht haben, wo wir wieder ein MEHR an Sicherheit brauchen. Wir brauchen ein klares und verlässliches Ende. Das haben wir nicht. Noch nicht.

Für diese Reise, diesen Aufbruch ins Unbekannte, haben wir uns bewusst für ein Leben mit weniger Sicherheit entschieden. Wir wollten letztes Jahr auf gar keinen Fall schon wissen, wie, wann und wo diese Reise zu Ende geht. Der einzige Fixpunkt war und ist der Schulbeginn in NRW. Doch alles andere war und ist offen. Viele segelnde Familien, welche wir auf unserer Reise getroffen haben, insbesondere im Rahmen der ARC+ Regatta, wussten bereits im November 2021 wo und wie die Reise enden wird. Viele davon segeln ein Jahr, so wie wir. Einige Familien segeln auch weiter, durch den Panamakanal in den Pazifik, zu den Osterinseln, nach französisch Polynesien und weiter rund um den Globus. Julia und ich hatten bereits im November gemischte Gefühle, ob unseres ungeplanten Ausgangs. Und durch die vielen Geschichten der anderen Familien wurde das Gefühl stärker. Und doch blieben wir bei unserer Grundhaltung, dass wir diese Offenheit, diese Unsicherheit, bewusst wollen. Wir sind frei in unserer Entscheidung und wir wählten ganz bewusst, uns nicht zu entscheiden. Einige der Segler verstanden es, andere nicht.

Nun sind vier Monate vergangen. Vier intensive Monate. Einiges ist so gekommen, wie wir es erwartet haben, das meiste jedoch war ganz anders. So schrieb es Julia auch bereits in ihrem Blogpost Zieh dich warm an.

Und da saßen wir zu zweit des Nächtens im Cockpit, reflektierten, diskutierten, tauschten Sichtweisen aus auf der Suche nach einem Ende. Unser Bedürfnis nach Offenheit und Abenteuer wird weniger und das nach erwartungsgerechter Realität größer. Ja, selbst bei mir 😊

Wir werden die LADY BLUE nicht zurücksegeln. Das steht fest. Aus vielerlei Gründen.
Und wir werden sie verkaufen. Schweren Herzens.

Soweit sind wir in unseren Entscheidungen gekommen. Der Rahmen steht. Doch es bleiben noch genügend Fragen offen, wie z.B. wann geht es für uns zurück? Wie kommen wir zurück? Verkaufen wir unser Schiff hier in der Karibik oder in Europa? Falls es Europa wird, wie kommt das Schiff nach Europa? Und wann?

Und von diesen Fragen gibt es noch viele, viele mehr. Und auch unsere Reise wird jetzt erstmal weitergehen. Und weitere Nächte im Cockpit werden kommen und Julia und ich werden eine Frage nach der anderen für uns klären und entscheiden. Das ist die Freiheit, die wir gewählt haben. Und aktuell ist es wunderschön und sehr anstrengend.

Ich liebe diese Zeit zu zweit im Cockpit. Ich liebe unsere Gespräche. Es gibt kaum einen schöneren Ort sich gemeinsam mit den Grundwerten auseinanderzusetzen und unsere gemeinsame nahe Zukunft zu bauen.

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Martinique -so far